Hochtourenkurs Wallis - Juli 2025 | © Stefan Strunk

Hochtourenkurs Westalpen - Juli 2025

Der frühe Vogel… bricht nicht in Spalten ein und ist vorm Gewitter wieder daheim

29.07.2025

Ein Hochtourenkurs für Fortgeschrittene in den Westalpen ist keinesfalls der bequemste Weg, seinen Urlaub zu verbringen. Doch wer die Herausforderung liebt und sich von widrigen Bedingungen nicht abschrecken lässt, wird mit einem unvergesslichen Erlebnis und spektakulären Ausblicken belohnt. Besonders der frühe Aufbruch in die Dunkelheit, schnelle Abläufe beim Seilschaftaufbau, begleitet von der beißenden Kälte der Nacht, stellt die Entschlossenheit der Gruppe auf die Probe.

Hier gibt es einem kurzen Video Trailer.

Unsere Tour begann in Saas Fee, von wo aus wir aufstiegen zur Britanniahütte, die majestätisch auf 3.000 Metern Höhe über dem Hohlaubgletscher thront. Hier bot sich uns der imposante Ausblick auf unser erstes Ziel: das Strahlhorn (4.190m). Nach einer kurzen Nacht weckte uns der Wecker um 2:45 Uhr, und schnell wurde gefrühstückt. Um 3:30 Uhr war es dann soweit: Wir brachen auf, um das Strahlhorn zu erklimmen.

Die erste Stunde führte uns in völliger Dunkelheit über die zerklüfteten Moränenfelder des Hohlaubgletschers, bis wir auf die beeindruckende Gletscherlandschaft des Allalingletschers trafen. Der eisige Wind peitschte uns ins Gesicht und nahm uns den Atem. Die Firn- und Schneedecke war dennoch nicht immer durchgehend gefroren, und wir spürten, dass der Rückweg an vielen Stellen durch sulzigen Schnee mühsam werden würde. Doch der Mühe zum Trotz wurden wir gegen 9:00 Uhr mit einem atemberaubenden Panoramablick belohnt, als wir den Gipfel des Strahlhorns erreichten.

Nach einer weiteren kurzen Nacht auf der Britanniahütte machten wir uns erneut um 3:30 Uhr auf den Weg – diesmal stand die Überschreitung des Allalinhorns (4.027m) über den Hohlaubgrat auf dem Plan, dann weiter über den Feechopf zum Alphubeljoch. In der Stille der frühen Morgenstunden stiegen wir steil den Firngrat hinauf, überquerten kurze Fels- und Eispassagen, und die aufgehende Sonne tauchte den Hohlaubgrat in ein warmes orangenes Licht. Die Gipfelfreude auf dem Allalinhorn war dann unser nächstes Highlight.

Der Abstieg über den Normalweg führte uns hinab zum Feejoch, von dort weiter über den Feechopf – eine spannende Kletterei im 2. und leichten 3. Grad. Erschöpft erreichten wir das Alphubeljoch und machten uns dann auf den Weg zur Täschhütte.

Doch die nächste Nacht sollte besonders kurz werden. Eine Schlechtwetterfront kündigte sich bereits für den frühen Vormittag am folgenden Tag an, und die Hüttenwirtin verkündete, dass das ursprünglich um 3 Uhr geplante Frühstück auf 1 Uhr vorverlegt wurde, um der bevorstehenden Wetteränderung zuvorzukommen. Die Hochtourengruppe schlich müde aus dem Bettenlager – viel Schlaf hatte diese Nacht nicht stattgefunden. An ein genussvolles Frühstück ist wenig zu denken, eine letzte Rucksackkontrolle, und um 1:15 Uhr standen wir vor dem Hütteneingang.

Der Aufstieg zum Alphubel war lang und kräfteraubend. Nach 1.500 Höhenmetern standen wir pünktlich zum Sonnenaufgang auf dem Gipfel. Eine überwältigende Bergkulisse breitete sich vor uns aus, mit Panoramablick auf die umliegenden 4.000er. In dieser Stille spürte man die unbeschreibliche Freiheit, die nur Bergsteiger in solchen Höhen erleben können. Doch die Schleierwolken zogen rasch auf und nahmen an Dynamik zu. Wir wussten, dass uns nur wenig Zeit für den Abstieg blieb. Noch schnell ein paar Erinnerungsfotos, und dann machten wir uns an den Abstieg über den spaltenreichen Feegletscher in Richtung Bergstation Längflue.

Die erlebnisreichen Hochtourentage, der frühe Aufbruch in völliger Dunkelheit, die spannenden Firn- und Gratklettereien und die einzigartigen Gipfelerlebnisse werden uns noch lange in Erinnerung bleiben. Einmal mehr zeigte sich, dass der frühe Aufbruch bei Hochtouren entscheidend ist – nicht nur für den Erfolg der Tour, sondern auch, um die Gletscher und Schneebrücken sicher zu überqueren, bevor die Sonne den Schnee weich macht. Und ganz wichtig: Wenn man vor dem Gewitter wieder im sicheren Gelände ist, weiß man, dass sich die frühe Weckzeit gelohnt hat.

Hier gibt es einem kurzen Video Trailer.

 

(c) DAV Wuppertal / Stefan Strunk