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Nichts tun verboten - Erste-Hilfe-Übung „Outdoor“ in der Spreeler Mühle

19.05.2025

Februar, 2025: So hatten wir uns den Klettertag an der Spreeler Mühle nicht vorgestellt. Als wir um die Ecke in den Steinbruch biegen, trifft uns der blanke Horror. Am Fuß der Wand liegen drei Kletterer, abgestürzt! Intuitiv stürzen Alex, Menzi und ich zu je einem Verletzen, während Maggi den Notruf wählt. Die Verletzungen sind gruselig. Menzis Kletterin steckt die Pickelspitze im Oberschenkel, mein Verletzter hat offensichtlich eine Gehirnerschütterung und stammelte wirres Zeug, während ich die klaffende Wunde am rechten Arm anstarre. Alex‘ Unfallopfer hat es am schwersten getroffen. Beim Festhalten am Haken hat er sich den Finger abgerissen und hängt nun bewusstlos im Seil. Was sollen wir nur tun. Cut.

Zum wiederholten Mal fand eine Ersthelfer-Schulung mit dem Schwerpunkt Outdoor für Trainer und Helfer der Sektion statt. Am Samstag, 22. Februar 2025, trafen sich 8 Sektionsmitglieder unter der Leitung von Lena Kremzow-Tennie, um einen Tag lang Notfallsituationen im Gebirge durchzuspielen, wortwörtlich.

Ausgestattet mit reichlich Material inklusive Kunstblut, Schminke und Spielzeughubschrauber kämpfen wir uns durch die häufigsten Szenarien: Kreislaufprobleme, Schlaganfall und Herzinfarkt sind ebenso dabei wie Beinbruch und Schnittverletzung. Schnell wird mir klar: Nicht die Art der Unfälle ist in den Bergen das Besondere, sondern das Drumherum. Der Rettungshubschrauber kommt selten unter einer halben Stunde, auf andere Helfer kann man lange warten und wer hat schon einen Defibrillator im Rucksack. Hier ist klassische Ersthilfe gefragt: Opfer (und sich selbst!) sichern, Symptome abklären und dann Hand oder Verband anlegen. 

Klappe: Ich starre auf meine blutverschmierten Hände. Mist, Handschuhe vergessen, aber zumindest der Druckverband hält. Die Wunde blutet nicht mehr. Maggi hockt neben mir und flucht leise vor sich hin. Der Verband am Kopf will einfach nicht halten und wieso kann der Kletterer nicht mal die Klappe halten. Wenn doch der Hubschrauber endlich kommen würde. Gerade als ich den Mann anschreien will, höre ich Rotoren und Lena springt mit dem Spielzeughubschrauber in der einen und dem Handy in der anderen Hand die Treppen herunter. 

„Ist doch gut gelaufen“ sagt sie und lädt zur Nachbesprechung. Die Verletzungen haben wir gut versorgt und im echten Leben wäre sogar die Rettung des abgerissenen Fingers noch möglich. Meine fehlenden Handschuhe und der ein oder andere Fauxpas fallen da nicht ins Gewicht. „Ihr seid keine Profis“, betont Lena. Wichtig ist, sich immer wieder gedanklich und eben auch praktisch mit der Ersthilfe auseinanderzusetzen. Nur durch ständiges Üben kann man sich auf den Ernstfall wirklich vorbereiten. Und den gibt es nicht nur beim Klettern. Sieht man vom Skifahren ab, so passieren statistisch die meisten Unfälle in den Bergen beim Bergsteigen und eben Bergwandern.  

Im Umkehrschluss heißt das, wir alle sollten uns vorbereiten, Erste-Hilfe-Set inklusive Rettungsdecke einpacken sowie uns mit den Möglichkeiten unserer Handys als Ortungs- und Notrufsystem vertraut machen. Und wenn dann etwas passiert? Lenas Antwort kommt prompt: „Es gibt nur einen Fehler: Nichts zu tun!“ 

Hilfreiche Informationen:

  • BR Podcast „How to: Erste Hilfe am Berg | Notfälle“
     „Erste Hilfe ist richtig wichtig. Nicht nur am Berg. Aber dort besonders, weil es bis zur Rettung lange dauern kann und Ersthelfer*innen oft auf sich alleine gestellt sind…“
  • Die Notfall-App SOS EU ALP ist für Touren in Österreich und Deutschland sehr zu empfehlen (in jedem gängigen App-Store). 

 

TEXT: Johannes Rohleder