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Der Alpinkader NRW im Val di Mello

22.10.2025

Im September stand für die sechs Athlet*innen des Kaders Alpinklettern auf dem Programm. In einem einwöchigen Lehrgang sollten die Kenntnisse und Fähigkeiten aus dem Basislehrgang im Frühjahr vertieft und an den großen Wänden der Alpen unter Beweis gestellt werden. Die Planung des Lehrgangs fiel den Trainerinnen und Trainern im Vorfeld nicht leicht, da unbeständiges Wetter angesagt war. Neben den Dolomiten und Berchtesgaden stand das Val di Mello in Norditalien zur Auswahl. Da hier die Wetterprognosen am besten waren, fiel die Wahl auf diese Region. Dabei handelt es sich um eines der bekanntesten Klettergebiete für Granitkletterei im Trad-Stil. Herausragende Klettertouren kann man hier nicht nur im Val di Mello selbst, sondern auch in den umliegenden Gebieten wie dem Bergell mit den berühmten Piz Cengalo und Piz Badile, Chiavenna und dem Val di Masino angehen.

Untergebracht war die Gruppe am Lago di Como, wo man nach einem langen Klettertag im Hochgebirge auch mal bei warmen Temperaturen und einem Eis die Füße ins Wasser strecken konnte.

Am ersten Tag des Lehrgangs war die Wetterprognose für lange Touren jedoch zu schlecht, weshalb kürzere Mehrseillängenrouten oberhalb des Ortes Val Masino geklettert wurden – eine ideale Möglichkeit, sich an die Reibungskletterei auf den teils gruseligen Granitplatten zu gewöhnen. Die weiten Hakenabstände – wenn es denn überhaupt Haken gab – erhöhten den Gruselfaktor zusätzlich.

Für die nächsten zwei Tage hatte die Gruppe mehrtägige Touren an den Klassikern Piz Badile, Cengalo sowie Cima di Castello ins Auge gefasst. Ein Anruf auf den Hütten ergab jedoch, dass eine Begehung der Touren auf der Nordseite dieser Berge aufgrund von Schnee und Eis unmöglich sein würde. Es blieben dennoch genügend Optionen mit südseitiger Exposition. Das Routenangebot war sogar so vielfältig, dass die Gruppe entschied, sich aufzuteilen. Während Marvin, Anne, Fynn und Trainer Bene zur Gianetti-Hütte südlich des Piz Badile aufstiegen, ging es für Max, Dominik und Albert mit Trainerin Miri zum selten begangenen Sasso Manduino.

Der ersten Gruppe um Trainer Bene wurde schon beim Zustieg klar, dass selbst die Südwand des Piz Badile noch in Teilen nass oder vereist sein könnte und so war es leider. Als Fynn in der ersten Seillänge der Route Diretta Giulio Fiorelli stand, lief ihm das Wasser über die Füße, und er fand sich unter einem vereisten Riss wieder. Glücklicherweise war die Gruppe früh gestartet, sodass auf eine alternative Tour ausgewichen werden konnte. Die Route Spigolo Vinci am Piz Cengalo war aufgrund ihrer exponierten Lage frei von Schnee und Eis. Sie verlief teilweise ausgesetzt an einem scharfen Zackengrat, mal an wunderbar griffigen Schuppen, und bot zwischendurch auch noch zwei herrliche Risse zu überwinden. Die Route musste fast komplett selbst abgesichert und die Stände eigenständig eingerichtet werden, was im ausgezeichneten Granitfels sehr gut möglich war. Aufgrund der Länge der Tour (24 Seillängen) wurde der Gipfel erst spät erreicht, und die Gruppe kam im Dunkeln an der Gianetti-Hütte an. Am nächsten Tag wurden am Dente della Vecchia noch ein paar kürzere Routen geklettert, bevor der Abstieg ins Tal anstand.

Nicht weniger Abenteuer erlebte die Gruppe um Trainerin Miri. Für Max, Dominik, Albert sowie die Trainerin Mirjam und den Trainer Matthias führte die Anreise zunächst mit dem Auto über abenteuerliche Wege zur Capanna Volta, einer äußerst gut ausgestatteten Selbstversorgerhütte im abgelegenen Valle di Ratti. Die Hütte bot trotz der abgeschiedenen Lage eine hervorragend eingerichtete Küche, einen Holzofen, bequeme Schlafplätze und sogar kostenloses WLAN. Laut Hüttenbuch wird sie jedoch nur selten besucht, und während des Aufenthalts befand sich die Gruppe allein dort.

Am Abend wurden die letzten Details für die geplante Kletterroute ausgearbeitet. Ziel war eine rund 900 Meter lange Route zum Selbstabsichern durch die Südwestwand des Sasso Manduino. Am nächsten Morgen begann der Zustieg früh. Um auf die Westseite des Berges zu gelangen, musste zunächst eine Lücke auf der Südseite erklommen werden, bevor der Abstieg durch eine äußerst brüchige Rinne zum Einstieg folgte. Die Zeit arbeitete jedoch gegen das Team: Der Abstieg gestaltete sich aufgrund von Steinschlag, Nässe und steilen Felsabschnitten sehr langsam. Schließlich sprach Bergführerin Miri das Machtwort zur Umkehr, da der Zeitplan deutlich überschritten war und ein Abstieg in der Dunkelheit in unbekanntem, kaum begangenem Gelände zu riskant gewesen wäre.

Daraufhin entschied sich die Gruppe für eine alternative Route – den Südostgrat des Sasso Manduino. Diese Variante war technisch leichter und deutlich kürzer als die ursprünglich geplante Route, erforderte jedoch ebenfalls das eigenständige Einrichten von Ständen und Sicherungen, wodurch der Lerneffekt erhalten blieb. Über grasige Platten und langwierige Gratpassagen arbeitete sich das Team dem Gipfel entgegen. Teilweise mussten weite Grasbänder gequert werden, an anderen Stellen waren große Runouts auf Platten unvermeidbar. Die Sicherungsstände wurden in unterschiedlichsten Situationen gebaut – klassisch an Rissen und Schuppen oder mithilfe der fünf Meter langen Prusikschlinge, wenn ein einzelner fester Felsblock als Standpunkt diente.

Am Nachmittag erreichte die Gruppe den Gipfel und erfuhr aus dem Gipfelbuch, dass sie das sechste Team des Jahres 2025 war, das diesen Punkt erreichte. Der Abstieg erfolgte über den Normalweg, an dem sich das Team abseilte, und führte am frühen Abend zurück zur Hütte. Dort wurde eine weitere Nacht verbracht, bevor am Donnerstag der Abstieg ins Tal erfolgte. Den restlichen Tag nutzte die Gruppe zur Regeneration und zum Entspannen am See, wo sie wenig später auch wieder auf den anderen Teil des Kaders traf.

Für den letzten Klettertag der Woche waren dann noch Touren im Val di Mello geplant, wofür sich die Gruppe ein weiteres Mal aufteilte.

Für Anne, Marvin, Fynn und Albert begann der Tag früh. Gemeinsam mit Trainer Bene fuhren sie im Dunkeln nach San Martino und suchten in der Kälte den schwer auffindbaren Einstieg. Nach einem kurzen Verhauer konnten sie im Morgengrauen die ersten Seillängen des Klassikers Kundalini klettern. Der Fels war jedoch stark durchnässt, was den Aufstieg verlangsamte. Trotz der schwierigen Bedingungen genossen sie stellenweise hervorragende Platten- und Risskletterei. Da die Nässe zu viel Zeit kostete, verzichteten sie auf die geplante Luna Nascente und stiegen nach erfolgreichem Durchstieg ins Tal ab. Ein erfrischender Sprung in den Fluss zum Abschluss durfte dabei nicht fehlen.

Für Max und Dominik waren die Verhältnisse besser. Mit Trainerin Mirjam meisterten sie die Lavorare con Lentezza bei trockenen Bedingungen und erlebten einen gelungenen Abschluss der Lehrgangswoche.

Am Sonntag endete der Lehrgang mit einer Feedbackrunde und einem Ausblick auf das nächste Treffen – insgesamt eine lehrreiche und erfolgreiche Woche trotz wechselhafter Bedingungen.